Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche? von Ulrike Schrimpf
Ihr Lieben,
bitte entschuldigt, dass ihr so lang nichts mehr von mir gelesen habt…. Neben dem alltĂ€glichen Chaos, welches wohl jedem von uns nur allzu gut vertraut ist đ hatte ich in letzter Zeit mal wieder so ein paar Tage, an denen ich am liebsten (vor mir selbst) davongelaufen wĂ€re…. Meine Selbstzweifel holten mich ein und brachten gleich noch eine fiese Schreibblockade mit, sodass es mir wirklich schwer fiel fĂŒr dieses Buch – und ich wusste, dass ich es einfach fĂŒr euch rezensieren MUSSTE – die richtigen Worte zu finden. Ich wollte ihm unbedingt gerecht werden! Ich hoffe, dass mir das auch gelungen ist đ
IN WENIGEN WORTEN
„Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche?“ ist ein autobiographisches Buch von Ulrike Schrimpf und behandelt auf 224 Seiten das Thema „Postpartale Depression„. Es erschien 2013 im SĂŒdwest Verlag (Random House).
ULRIKE SCHRIMPF
Ulrike Schrimpf (*1975 in Berlin) absolvierte neben einer Schauspielausbildung ein Studium der Französischen Philologie sowie ein Studium der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaften. Sie war bereits als Literaturagentin tÀtig und arbeitete als pÀdagogische Leiterin der Charité International Academy. Frau Schrimpf ist heute in Wien und Berlin tÀtig; und zwar als freie Autorin und Kommunikationstrainerin. Sie lebt mit ihrem LebensgefÀrten und ihren drei Söhnen zusammen.
Neben „Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche?“ ist von Ulrike Schrimpf auch der Titel „Zara: Alles neuâ erschienen; ihr erstes Kinderbuch, welches im Rahmen des Schribwettbewerbs „Der Goldene Pick 2011â nominiert war und den Publikumspreis gewann.
INHALT
Ulrike Schrimpf ist schwanger mit ihrem zweiten Kind. Und sie ist glĂŒcklich. Doch dann legt sich ĂŒber ihr GlĂŒck ein dunkler Schatten, der nicht mehr von ihr weichen will. Er zeigt sich in Schlafstörungen, irrationalen Ăngsten bis hin zu Panikattacken und heiĂt postpartale Depression.
Frau Schrimpf berichtet aus der Ich-Perspektive von ihrem schwierigen Weg zurĂŒck ins Leben, auf dem wir sie als Leser Kapitel fĂŒr Kapitel begleiten dĂŒrfen. Sie erzĂ€hlt von ihrer Schwangerschaft, der Geburt und der ersten Zeit zu Hause, der Diagnose, ihrem Aufenthalt in einer Klinik, der Therapie, ihrem RĂŒckfall und schlieĂlich ihrem Sieg ĂŒber die Erkrankung.
In ihrem Buch schildert die Autorin ihre eigenen Erfahrungen und Gedanken und zeichnet dadurch ein authentisches Bild der postpartalen Depression; einer Krankheit, welche in unserer Gesellschaft noch immer sehr stark tabuisiert und unterschĂ€tzt wird. Man spricht in der Regel nicht darĂŒber; zumindest nicht öffentlich.
Und das, obwohl „[…] etwa 10 bis 15 % der Frauen, die ein Kind zur Welt gebracht haben, im ersten Jahr nach der Geburt an einer ernst zu nehmenden Depression“ erkranken.
Quelle: Deutsches BĂŒndnis gegen Depression e.V.
Die Autorin hat jedoch den bewundernswerten Mut aufgebracht, mit Ihrem Buch den Schritt an die Ăffentlichkeit zu wagen.
Ihre eigenen Erlebnisse hat sie dabei durch viele interessante Fakten (z.B. dem Umstand, dass die Erkrankung bereits im Jahr 1858 von einem französischen Psychater erstmals offiziell beschrieben wird) und gesellschaftliche Betrachtungen ergÀnzt.
Hilfestellungen fĂŒr die Therapeutensuche sowie LeitfĂ€den fĂŒr Betroffene, Angehörige und Freunde folgen auf den bibliographischen Teil des Buches. Ein Literatur- und Filmverzeichnis sowie Adressen bzw. Links zu Informationszentren und hilfreichen Websites finden sich im Anhang.
MEINE MEINUNG
Ich bin keine Mami und ich werde wohl erst in der Lage sein, einige Aspekte aus der GefĂŒhls- und Gedankenwelt der Autorin nachvollziehen zu können, wenn ich selbst Mutter bin. Doch ich habe schon als Kind sehr persönliche Erfahrungen mit dem Thema Depression (wenn auch nicht mit der postpartalen Depression) gemacht und habe auch selbst erlebt, wie diese Erkrankung das eigene Leben auf den Kopf zu stellen vermag. Und wie schwierig es ist, selbst mit UnterstĂŒtzung da wieder herauszukommen.
Nicht nur aus diesen GrĂŒnden gingen mir ihre Worte sehr nah.
Die Autorin schreibt ihr Erleben in einer bewundernswert offenen Weise nieder, welche ich sehr berĂŒhrend finde: So voller StĂ€rke, Lebenskraft Hoffnung, aber auch schonungsloser Ehrlichkeit. Sie schildert ihre Empfindungen auf eine sehr prĂ€zise und gut nachvollziehbare Art; wie z.B. in dieser Passage:
„Mit weit aufgerissenen Augen liege ich wach, zwischen meinem LebensgefĂ€hrten, der laut und gleichmĂ€Ăig neben mir atmet, und meinem gerade zwei Monate alten Baby. Stundenlang. Meine NĂ€chte sind grellweiĂ. Zwangsgespenster.“ S. 15
Doch ich liebe an diesem Werk ganz besonders seinen unglaublichen Facettenreichtum. Es ist so vielseitig, wie das Leben selbst.
Einerseits ist es ein mitreiĂender Erfahrungsbericht einer klugen, jungen Frau, die sich ganz plötzlich mit der Diagnose postpartale Depression konfrontiert sieht und sich zurĂŒck in das Leben kĂ€mpft.
Zugleich ist es ein Buch, dass Betroffenen und Angehörigen VerstĂ€ndnis entgegenbringt, nicht verurteilt und stattdessen Mut, Kraft und Hoffnung zu schenken vermag. Und ihnen mit den Tipps fĂŒr die Therapeutensuche, den LeitfĂ€den sowie der Literatur- und Linkliste gleich ein erstes Instrument zur Selbsthilfe in die Hand gibt.
Andererseits weist es auch einen hohen informativen Charakter auf. Die Fakten und gesellschaftlichen Betrachtungen, welche sie immer mal wieder in ihr Buch mit einflieĂen lĂ€sst, halte ich fĂŒr essenziell wichtig, da sie einen maĂgeblichen Beitrag zum VerstĂ€ndnis der Krankheit liefern und damit fĂŒr die Leser z.B. nachvollziehbar macht, weshalb es so schwierig ist, sich einzugestehen, dass man an ihr erkrankt sein könnte. Und dass Betroffene eben nicht „einfach nur traurig“ (#notjustsad) sind.
(Ich empfand diese Textstellen ĂŒbrigens zu keinem Zeitpunkt als trocken oder langatmig. Ganz im Gegenteil: Frau Schrimpf hat sie gekonnt mit ihrer eigenen Geschichte verwoben).
Nicht zuletzt hat Ulrike Schrimpf mit ihrem Buch ein Zeichen gesetzt: fĂŒr mehr VerstĂ€ndnis, Toleranz und AufklĂ€rung.
DANKE fĂŒr dieses wunderbare Buch âĄ
FAZIT
Unbedingt lesen! âââââ
„Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche“ von Ulrike Schrimpf ist eine eindrucksvolle, mutige, berĂŒhrende und informative Autobiographie. FĂŒr Menschen, die sich mit dieser Erkrankung konfrontiert sehen (sei es als Betroffener oder als Angehöriger) hĂ€lt dieses Buch viel VerstĂ€ndnis und Kraft bereit. Es schenkt den Mut, nicht aufzugeben.
Doch ich hoffe, dass Ulrike Schrimpf’s Autobiographie auch von Menschen gelesen wird, die bislang noch nicht mit der postpartalen Depression in BerĂŒhrung gekommen sind.
Denn je mehr Leute ĂŒber die postpartale Depression (sowie psychische Erkrankungen im Allgemeinen) Bescheid wissen, desto gröĂer ist die Wahrscheinlichkeit, dass unsere Gesellschaft die BerĂŒhrungsĂ€ngste mit diesen Erkrankungen verliert, man mehr VerstĂ€ndnis fĂŒr einander entwickelt, die Nachricht verinnerlicht, dass es jeden eines Tages treffen könnte (ja, auch man selbst!!) und damit oft lieb gemeinte, aber wenig hilfreiche SprĂŒche wie diese hier vielleicht eines Tages der Vergangenheit angehören.
POSTPARTALE DEPRESSION
FĂŒr all diejenigen, welche sich unabhĂ€ngig vom Buch vielleicht einmal zu dem Thema informieren möchten, kann ich diese Seite empfehlen.
Diese Rezession ist allen Menschen gewidmet, die gerade eine schwere Zeit durchmachen. ⥠WIR DENKEN AN EUCH & SCHICKEN EUCH GANZ VIEL KRAFT!
2 Kommentare
Ich danke dir von ganzem Herzen fĂŒr die wunderbare Vorstellung dieses Buches.
Mir ging dein Beitrag sehr nah – habe auch ich mich sofort in die Vergangenheit zurĂŒckversetzt gefĂŒhlt, auch wenn nicht direkt in Verbindung zur postpartalen Depression.
Es ist so wichtig, dass Depressionen nicht mehr stÀndig tabuisiert werden!
Ich denke, Depressionen und depressive Phasen treten hÀufiger auf, als manch einer denkt.
Es ist fĂŒr viele ganz sicher hilfreich, dass die Autorin offen mit ihren Erfahrungen und Ihren GefĂŒhlen sowie ihrer Krankheitsgeschichte umgeht. Ich ziehe vor solchen Berichten und Autoren immer den Hut! Alles noch einmal ein StĂŒck weit durchleben und fĂŒhlen… Das ist ganz bestimmt nicht leicht! Und gleichzeitig eine tolle Form der Verarbeitung, die anderen hilft!
Auf meiner Möchte-ich-lesen-Liste steht dieses Buch jetzt jedenfalls! Denn auch ich wĂŒrde diese Form der Depression gerne besser verstehen, da es mich immer wieder erstaunt, dass sie doch so hĂ€ufig auftritt.
Ich danke dir fĂŒr den ausfĂŒhrlichen Bericht und den tollen Einblick!
Der Autorin ein herzliches Dankeschön fĂŒr ein groĂartiges Buch âĄ
[…] Buchrezension „Wie kann ich dich halten, wenn ich selbst zerbreche?“Â haben wir zum Anlass genommen, auch noch unsere BĂŒcherecke ein wenig umzusortieren, da sich […]